Diskriminierung von Schulen durch die Veröffentlichung brisanter Daten


Schon wieder „glänzt" die Presse mit einer Rangliste von Schulen. In diesem Fall handelt es sich nicht um Unterrichtsausfallstatistiken oder Daten über Schulabstinenz (neu für Schulschwänzen). Nein es wird brisanter.
In der BZ vom 17.05.2018 wurden alle Schulen der Berliner Bezirke und die jeweilige Anzahl von Straftaten, die an der Schule bzw. in deren Umfeld begangen wurden, aufgelistet. Mit welchem Ziel? Die Folgen sind klar. Es gibt wieder einmal eine Negativrangliste der Schulen. Schulen in bezirklichen Brennpunkten finden sich auch hier wieder an der Spitze. In der Regel ist es so, dass gerade an diesen Schulen mehr Gewaltvorfälle stattfinden, aber auch im schulnahen Umfeld öfter Straftaten verzeichnet werden. In der vorliegenden Veröffentlichung wird jedoch gar nicht deutlich, ob die Straftaten im schulnahen Raum von Schüler*innen, Eltern oder von gänzlich Schulfremden begangen wurden.
Aber engagierte Schulleiter werden auch dafür Sorge tragen, dass Vergehen und Verbrechen zur Anzeige kommen. Sei es durch die geforderten schulischen Gewaltmeldungen oder direkte polizeiliche Anzeigen. Dafür bekommen diese Schulen jetzt die „Quittung". All das Bemühen der Schulen, Stigmata durch gute pädagogische, erzieherische und vernetzende Arbeit zu verlieren, aber auch der Einsatz staatlicher Unterstützungen wie des Bonus-Programms werden dadurch zunichte gemacht.
Nach Informationen einer regionalen Schulaufsicht werden die Gewaltmeldungen nicht zentral in der Senatsschulverwaltung gesammelt und gespeichert, so dass die veröffentlichten Daten, wie im Artikel angegeben, nur aus Datenquellen der Senatsinnenverwaltung gespeist wurden. Doch die Befürchtung, dass zukünftig auch die über die schulischen Gewaltmeldungen erfassten Delikte in den Medien veröffentlicht werden könnten, wird einige Schulleiter*innen dazu bringen, sich genauer zu überlegen, ob sie die geforderten Gewaltmeldungen schreiben. Schulen werden inkonsequenter mit solchen Taten umgehen und die Probleme werden klein geredet oder verschwiegen. Die Folge ist ein zunehmendes Dunkelfeld bezüglich der Gewaltvorfälle an Schulen und eine Beeinträchtigung der pädagogischen Arbeit.
Der Schulleiter einer über den Bezirk hinaus geschätzten und nachgefragten Schule äußert sich in diesem Artikel verwundert über diese Zahlen und wird mit den Worten zitiert: „dass der größte Teil dieser Taten nicht auf dem Schulgelände, sondern möglicherweise auf der Straße davor stattgefunden hat“ (Quelle: BZ Nr.132/20 vom 17.05.2018, Seite 12). Diese Aussage ist aufgrund der mit Abstand zu den anderen Schulen des Bezirkes extrem hohen Anzahl von Delikten im Jahr 2017 verständlich. Welche Folgen diese pauschale Nennung von Delikten in Verbindung mit dieser Schule hat, kann sich wohl jeder vorstellen. Eltern werden sich nun stärker überlegen, ob sie ihre Kinder an dieser Schule einschulen.
Ehemalige Hauptschulen in brisanter Lage, die nun als Integrierte Sekundarschulen seit Jahren darum kämpfen, ihr altes Stigma zu verlieren, werden durch derartige Veröffentlichungen in ihren Anstrengungen um steigende Anmeldezahlen und ein damit angestrebtes heterogeneres Schülerklientel zurückgeworfen.
Bis auf die im genannten Zeitungsartikel veröffentlichte zutreffende Aussage der Berliner Bildungssenatorin, dass diese Statistik besorgniserregend sei und die Lehrkräfte mit diesem Problem nicht alleine gelassen werden dürfen, gab es von Seiten der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie bisher keine Stellungnahme oder Erklärung zu dieser brisanten Veröffentlichung.
Selbst wenn die gerichtliche Entscheidung, wie in diesem Fall, die Herausgabe der Daten verlangt, erwarten wir eine öffentliche Reaktion unserer obersten Dienstbehörde. Der IBS als Schulleitungsverband aller Schultypen Berlins erwartet, dass die Senatorin hinter den vielen engagierten Schulleiter*innen steht und deren Arbeit öffentlich unterstützt. Wir erwarten eine klare Haltung gegenüber derartigen diskriminierenden Veröffentlichungen.

Beschlossen vom Vorstand des IBS
Klausurtagung 24./26.05.2018

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